HOTEL ALLIANZ Partner Jan Arndt im AHGZ Interview 10.12.2011 - Das Team wie ein Orchester führen
Das Team wie ein Orchester führen
aus: AHGZ-Druckausgabe Nr. 2011/50 vom 10. Dezember 2011
von Alexandra Leibfried
Berlin/Stuttgart. Bergeweise schmutziges Geschirr und eine Küchencrew, die sich selbst bekocht. So hatte sich ein schwäbischer Gastgeber die Rückkehr nach einem Kundentermin nicht vorstellt. Der Restaurantbetreiber, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, vertraute seinem Team. „Am Ende stellte sich heraus, dass keiner sich verantwortlich fühlte“, sagt er enttäuscht.
Gerade in kleineren Betrieben trägt fast jeder Mitarbeiter Verantwortung. Dort werden allerdings in den seltensten Fällen Führungsstrukturen geschaffen, die im Ernstfall greifen. Sei es, dass der Chef Termine beruhigt wahrnehmen kann oder Freiraum für Familie oder Urlaub entsteht. Stärken hervorheben
Gastro-Berater Jan Arndt weiß Rat. „Richtig delegieren“, lautet seine Devise, auch in einem kleinen Team. Der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Hotel Allianz mit Sitz in Tamm bei Ludwigsburg betont: „Betriebsinhaber und Führungskräfte, die Aufgaben delegieren wollen, müssen sich klar machen, dass es bei der Verteilung von Tätigkeiten darum geht, das Mitarbeiter-Orchester wie ein Dirigent harmonisch einzustimmen. Das bedeutet, dass Chefs genau überlegen, welchen Mitarbeiter sie mit einer Aufgabe betrauen. „Es ist wichtig, dass der Beschäftigte die notwendigen Eigenschaften mitbringt“, erläutert Arndt.
Ein schöner Ansatz. Doch nicht jeder Betrieb kann Führungskräfte hervorbringen. Verantwortungsbewusstsein hingegen könne man seinem Team beibringen, meint Matthias Klotz, der gemeinsam mit Susann Bliesener seit 1988 den Landgasthof Wiesengrund in einem Vorort von Stuttgart bewirtschaftet. „Einer von uns beiden ist aber immer da“, sagt Klotz. Er macht seinen 15 Mitarbeitern jedoch bewusst, dass Nachlässigkeit finanzielle Folgen für den Betrieb hat oder Kollegen in Schwierigkeiten bringt.
Die Kunst, richtig zu delegieren, bringt demnach alle Gastgeber weiter. Was gilt es zu beachten? Wer zuviel Stress vermeiden und Freiräume für Kernaufgaben und Freizeit schaffen möchte, sollte Experten zufolge lernen, Prioritäten zu setzen und sich von vertrauten Tätigkeiten zu lösen.
Doch allein mit der Weitergabe von Arbeitsaufträgen ist es nicht getan. Ralph Herzberg, Geschäftsführer des Apart Hotels Residenz am deutschen Theater in Berlin, erläutert: „Ich bespreche mit meinen Mitarbeitern den Inhalt und Umfang einer Aufgabe im Detail.“ Auch Erwartungen, die an das Arbeitsergebnis gestellt werden, diskutiert er. „So weiß der Beschäftigte, welche Zielsetzungen mit der Umsetzung einer Aufgabe verbunden sind“, so Herzberg. Täglich delegiert der Berliner Geschäftsführer Aufgaben. „Beispielsweise, wenn es darum geht Angebote einzuholen, Preise zu verhandeln oder komplexe Events zu organisieren, bei denen sich der Kunde eine Sushi-Theke wünscht, an der die Gäste zusehen können, wie das Essen zubereitet wird“, so Herzberg. Auch zeitliche Fristen sind wichtig. Gastro-Berater Jan Arndt bestätigt: „Terminierungen helfen festzustellen, ob Etappenziele oder das Gesamtziel erreicht werden. Der Vorgesetzte sollte sich immer wieder nach dem Stand der Dinge erkundigen“, sagt Arndt. „So kann bei Problemen oder Fehlern rasch gegengesteuert und dem Mitarbeiter unter die Arme gegriffen werden.“
Peter Weishäupl, Direktor des Hotels Unger in Stuttgart, überantwortet Aufgaben im Marketing an Beschäftigte. „Eine Mitarbeiterin von uns ist damit beauftragt herauszufinden, wie wir unsere Internetpräsenz verbessern können“, so der Direktor des Hotels Unger in Stuttgart. Er ist überzeugt, dass das Delegieren von Aufgaben die berufliche Entwicklung der Mitarbeiter fördert. „Auf diese Art können sie sich neue Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen“, sagt der Hoteldirektor. Ralph Herzberg ergänzt: „Die Beschäftigten lernen so auch den Betrieb, seine Strukturen und ihren eigenen Arbeitsbereich besser kennen und denken unternehmerisch.“ Das entlastet Vorgesetzte. „Indem ich Aufgaben abgebe, kann ich mich als Geschäftsführer besser auf meine Kernaufgaben konzentrieren, weil ich Freiräume erhalte und nicht alles selbst machen muss“, soPeter Weishäupl. „Ich kann Außentermine wahrnehmen und weiß, dass der Betrieb weiterläuft.“ Kräfte sparen
Eine Erfahrung, die Ralph Herzberg teilt: „Wenn ich mal krank bin, bricht deshalb der Betrieb nicht zusammen, die Mitarbeiter sind es gewohnt, selbstständig zu arbeiten und wissen, wo ihre Verantwortung liegt.“ Außerdem: „Ich erhalte so auch Freiräume für die Freizeit.“
Betriebsinhaber in kleinen und mittelständischen Betrieben vereinen häufig alle Aufgaben auf ihren Schultern: Einkauf, Serviceleitung, Personalentwicklung, Marketing und Buchhaltung. „Das zehrt an den Kräften, das Privatleben leidet und die Gefahr, den Überblick zu verlieren, ist groß“, sagt Arndt. „Deshalb sollten gerade diese Inhaber darüber nachdenken, mehr Aufgaben abzugeben.“ Ralph Herzberg betont allerdings, dass er nie die gesamte Mannschaft für ein Ziel verantwortlich macht. „Es gibt einen, der die Verantwortung für das Team trägt und den Prozess moderiert“, so Herzberg. „Denn wenn einer sich in die Pflicht genommen fühlt, wirkt das nachhaltiger, als wenn sie sich auf viele Schultern verteilt.“ Daniela Haußmann/Alexandra Leibfried